Trend Weltraum-Reise: Was Du über die Reisen ins All wissen solltest.
Jeff Bezos, Elon Musk und Richard Branson sei Dank: Der Weltraumtourismus ist eröffnet und von der Reise ins All trennen mich nur noch ein paar lächerliche Millionen in harter Währung. Im Abgasstrahl der Triebwerke und Raketen von Privatfirmen ist das Monopol der Raumfahrt Nationen abgeraucht. Alle Menschen können als Touristen und zahlende Passagiere ins All fliegen. Das Weltraumreisen ist liberalisiert und den Traum, eine Astronautin zu sein, kann ich mir ab sofort kaufen.
Amazon Gründer Jeff Bezos, der britische Milliardär Richard Branson und SpaceEx Chef Elon Musk haben die passenden Angebote und zum nächsten Termin geht es begeistert mit an Bord. Besser geht es gar nicht und die Flüge sind das ultimative Angebot für Abenteuerlustige. Ist das Ticket erst einmal in der Tasche, wünschen wir Ihnen eine großartige Reise ins All und gut.
Ist das alles? Wird der Flug ins All oder gar zur internationalen Raumstation ISS zur Lösung gegen Langeweile am Wochenende? Wie sieht so ein Flug heute überhaupt aus und kann man da wirklich von einer Weltall-Reise sprechen? Wie viel kostet eines dieser begehrten Raumflug-Tickets? Gibt es auch einen Preis, den wir vielleicht sogar alle dafür bezahlen?
Schauen wir uns an, was wir darüber wissen und welche Herausforderungen diese „neue Raumfahrt“ mit sich bringen wird. Das Angebot der Raumfahrtunternehmen verdient einen zweiten Blick, denn unter dem Strich sind die Flüge vorwiegend eines: Ein hoffentlich nicht allzu schmutziges Geschäft.
Nächster Halt: Weltraum! Urlaub im All?
Schon bevor es die moderne Raumfahrt gab, waren Reisen in den Weltraum ein Thema. In Erzählungen, Geschichten und Romanen brachen Menschen auf, um Mond, Mars und die Weiten des Alls zu entdecken. Einige dieser Geschichten zeichneten sogar ein Bild, das einen seinerzeit völlig utopischen Weltraumtourismus vordachte.
Das liegt nun Jahre zurück. Heute sind die Vorstellungen vom Weltraum-Tourismus im wahrsten Sinne des Wortes geerdeter. Themen wie der Klimawandel und die Ansicht, dass die Ressourcen unseres Planeten immer schneller aufgebraucht werden, haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten dazu geführt, dass Weltraumabenteuer mehr als Verschwendung, denn als erstrebenswertes Ziel gesehen werden.
Hinzu kommt, dass die bisherigen Ausflüge als Weltraumtourist nicht viel weiter als bis zur Raumstation ISS oder in den Erdorbit gekommen sind und eine Landung auf dem Mond oder gar auf dem Mars bisher noch Zukunftsmusik darstellen. Hauptsächlich ging es dem jeweiligen Anbieter darum, den Astronauten in spe ein Gefühl von Schwerelosigkeit zu vermitteln und ihnen einen fantastischen Blick vom Weltall aus auf die Erde zu ermöglichen.
Weltraumtourismus mit Virgin Galactic
Seit Juni 2021 besitzt Richard Bransons Firma Virgin Galactic die Lizenz, Passagiere mit einem Raumschiff ins All befördern zu dürfen. Vorher war ein Flug mit Privatpersonen verboten gewesen. Doch nach einem erfolgreichen Test am Spaceport America im Mai, der es auf 89 Kilometer Höhe brachte, stand der Zulassung für Touristen nichts mehr im Wege.
In der Folge waren für das restliche Jahr weitere Tests geplant, von denen jedoch einer aufgrund schlechter Wetterverhältnisse nicht wie geplant verlief. Aufgrund dessen wurde Virgin Galactic die Lizenz vorübergehend entzogen und nach Klärung der Umstände im September desselben Jahres reaktiviert.
Aktuell berichten verschiedene Medien und die Deutsche Presse-Agentur davon, dass die Virgin Galactic Aktie im Jahr 2022 einen regelrechten Boom erleben wird. Ab Ende dieses Jahres beabsichtigt man pro Monat mindestens einen Start durchzuführen und damit regelmäßige Flüge in den Weltraum anbieten.
Angesichts der Tatsache, dass die Firma bereits seit 2004 existiert und in seiner Geschichte viele Rückschläge, wie den Absturz der VSS Enterprise, erleben musste, scheint sie nun endlich den Weg zum Erfolg gefunden zu haben.
Beam me up, Jeff Bezos
Im Oktober ´21 landete Amazon Gründer Jeff Bezos einen erstaunlichen PR-Coup, als er mit seinem Unternehmen Blue Origin den Captain Kirk Darsteller aus Raumschiff Enterprise zum Weltraumtouristen machte und gemeinsam mit den gut situierten Privatpersonen Chris Boshuizen, Audrey Powers und Glen de Vries in der New Shepard 4 Rakete ins All schickte.
Der Preis für den Flug lag pro Ticket zu Beginn bei 4,8 Millionen Dollar und stieg in Folge der Versteigerung sogar auf 28 Millionen an. Nur William Shatner (Captain Kirk) durfte umsonst mitfliegen. Nach dem kurzen Urlaub im Weltall beschrieb er den Blick auf die Erde als einmaliges und wesensveränderndes Erlebnis, was sein Bewusstsein für die Zerbrechlichkeit unseres Planeten und die Gefahr vom Klimawandel auf unsere Zukunft deutlich geschärft habe.
Beim Publikum erntete die Fahrt in den Weltraum gemischte Reaktionen. Einerseits fand man die Idee, Captain Kirk zum echten Astronauten zu machen, durchaus gelungen, doch andererseits verstärkte sein Gratisflug den kritischen Blick auf die Kosten, die ein solches Unterfangen mit sich bringt.
Nachhaltigkeit im Weltraum
Gerade das hohe Maß an Ressourcen, die ein Urlaub im All erfordert, ruft Fragen zum Thema Nachhaltigkeit auf, die an Firmen wie Virgin Galactic, Blue Origin und SpaceX herangetragen werden. Gerade letztere hat im April 2021 dahin gehend einen wichtigen Schritt getan, indem vom Kennedy Space Center die erste wiederverwendbare Raumkapsel, die Crew Dragon, zur ISS aufgebrochen ist.
Doch neben den hohen Materialkosten steht noch ein weiterer kritischer Punkt auf dem Konto fehlender Nachhaltigkeit: Der Kessler-Effekt. Dieser besagt, dass die Menge an Weltraummüll im All immer weiter zunimmt. Ausgediente Satelliten, abgesplitterte Lackpartikel, verloren gegangene Schraubendreher, Nutzlastverkleidungen, ausgebrannte Oberstufen und vieles mehr bleibt für gewöhnlich einfach der Schwerelosigkeit im Weltall überlassen.
An und für sich wäre das kein Problem, da Kollisionen zwischen diesen kleinen Objekten höchst unwahrscheinlich sind. Jedoch geraten diese regelmäßig in die Bahn größerer Objekte, wodurch es zu Zersplitterungen kommt, die die Anzahl an Objekten ständig erhöht, selbst wenn kein weiterer Schrott hinzukommen würde. Irgendwann wird dann der viele Müll sowohl zur Gefahr für den Weltraumtourismus als auch für die Menschen auf der internationalen Raumstation. Um die Sicherheit der Touristen zu gewährleisten und ihr Geschäft nachhaltig zu gestalten, müssen SpaceX, Blue Origin & Co. einen Weg finden, etwaig anfallenden Müll und Schrott wieder mit zur Erde zu bringen.
Ab wann zählt man als Astronaut?
Kann man Touristen im Weltraum eigentlich als Astronauten bezeichnen? Und worin besteht der Unterschied zwischen ihnen und Kosmonauten oder Taikonauten? Zunächst einmal bezeichnen alle drei Begriffe grundsätzlich dasselbe: Einen Raumfahrer oder eine Raumfahrerin. Die unterschiedlichen Vorsilben gehen zurück auf die Zeit des Kalten Krieges, als die Sowjetunion und die USA im Wettkampf standen, wer als Erstes einen Menschen von der Erde auf den Mond schicken würde.
Um den Unterschied des Ursprungslandes sprachlich klar zu kennzeichnen, wurden deshalb NASA Mitarbeiter traditionell Astronauten und Sowjetpiloten Kosmonauten genannt. Der ebenfalls gebräuchliche Begriff des Taikonauten hingegen bezieht sich auf chinesische Raumfahrer.
Doch ab wann gilt man als Astro-, Kosmo- oder Taikonaut? Ab dem Punkt, an dem man sich in Schwerelosigkeit befindet? Oder vielleicht erst, wenn man mindestens die ISS erreicht hat? Auch hierauf gibt es eine klare Antwort: Sobald eine Person mehr als 100 Kilometer von der Erde entfernt ist, darf sie sich offiziell als Raumfahrer bezeichnen.
Beim bisherigen Weltraumtourismus wurde diese Höhe in der Regel überschritten. Am Beispiel von William Shatner waren es sogar ungefähr 107 Kilometer und die Vorgängermission – Shepard 3 – schafftes es auf stolze 118. Captain Kirk darf sich also mit Fug und Recht – wie etwa 600 andere Personen vor ihm – als Raumfahrer bezeichnen.
Wo endet die Atmosphäre und wo beginnt das Weltall?
Nachdem wir geklärt haben, ab wann man als Astronaut gilt, kommt nun die Ernüchterung: Tief ins All muss man dafür nicht vordringen. Die 100km-Grenze liegt nämlich zwischen Mesosphäre und Thermosphäre. Letztere befindet sich ungefähr auf der Ebene des Polarlichts in 200 km Höhe. Die Mesosphäre grenzt bei ca. 60 km an die Stratosphäre, auf deren höchsten Punkt die Ozonschicht unseres Planeten liegt.
Zum Vergleich: die ISS schwebt ganze 480 km über uns und ist damit fast fünfmal so weit weg, wie ein Mensch hochfliegen muss, um als Astronaut zu gelten. Und auch die Erdanziehungskraft wird beim Weltraum-Tourismus nicht vollständig überwunden. Die Gravitation geht erst ab über 200 Kilometern Höhe in Richtung Null.
Neil Armstrong und Buzz Aldrin würden angesichts dieser Zahlen nur müde lächeln. Die Reise von Apollo 11 brachte sie fast 385.000 km weit weg. Und das mit einem Bordcomputer, der nicht einmal ein 100.000stel der Leistung eines aktuellen Handys besaß. Der Prozessor arbeitete mit einer Taktfrequenz von knapp über 2 Megahertz und an Arbeitsspeicher brachte er es auf 4 Kilobyte. Die Festplatte kam immerhin auf stolze 72 Kilobyte. Schon allein, wenn man beim Abflug der Shepard 4 mit einem iPhone ein Selfie geschossen hätte, hätte dieses etwa eintausend Mal mehr Speicher benötigt, als der gesamten Apollo 11 Rakete zur Verfügung stand, inklusive aller Berechnungen für Start, Flugbahn, Rückkehr und Lebenserhaltungssysteme.
Wie bereitet man sich auf einen Flug ins All vor?
William Shatner war über 90 Jahre alt, als er mit der Shepard 4 Rakete aufbrach. Heißt das, dass die körperlichen Voraussetzungen egal sind und jeder nach oben aufbrechen könnte? Laut Tom Shelley von Space Adventures sind die Anforderungen zwar bei Weitem nicht so hoch wie bei Berufsraumfahrern, trotzdem gelten einige Restriktionen.
So muss etwa ein mehrwöchiges Training vor dem Abflug durchgeführt werden. Das beinhaltet unter anderem eine Beschleunigung auf 4G und leichte körperliche Belastungstests. Besteht man diese nicht, kommt es zum Close Out, also zum Ausschluss. Wer zur ISS aufbrechen möchte, muss sogar noch mehr mitbringen. So wird man umfänglich auf verschiedene Krankheiten untersucht, die Organe werden getestet und das Krebsrisiko ermittelt.
Denn eines gilt nach wie vor: Wer längere Zeit in Schwerelosigkeit verbringt, baut Muskeln ab, verliert an Knochenmasse und wird kosmischer Strahlung ausgesetzt. Außerdem verändert sich die DNA ein kleines Stück und der Kreislauf wird auf eine harte Probe gestellt. Zwar sind die Folgen all dessen nicht dauerhaft und bisher hat sich so gut wie jeder Raumfahrer von seiner Reise wieder erholt, trotzdem sollte man sich vor dem Aufbruch darüber im Klaren sein.
Zu guter Letzt ist jedoch immer noch die wichtigste Vorbereitung auf einen Flug ein gut gefüllter Geldbeutel. Denn auch in absehbarer Zeit wird es nur Multimillionären und -milliardären vorbehalten sein, am Weltraumtourismus teilzunehmen. Sollte man nicht zu diesem Kreis gehören oder die Hauptrolle in einer Star Trek Serie gespielt haben, wird man die Erde wohl so schnell nicht verlassen. Um es mit einem abgewandelten Zitat aus der Kirk-Serie zu sagen: Space – the expensive frontier where no poor man has gone before.